Klarstellung in der steuerrechtlichen Bewertung
In der ersten Hälfte diesen Jahres hat es zu zwei voneinander unabhängigen Themen wichtige Klarstellungen zur steuerrechtlichen Bewertung gegeben, die vom Grundsatz her in eine für unsere Betriebe günstige Richtung gelaufen sind. Das ist wie folgt zu berichten:
- Verpachtete Betriebe
Vor etwa zwei Jahren hatte ein Senat des Bundesfinanzhofes entschieden, dass verpachtete landwirtschaftliche Grundstücke nicht an der günstigen erbschaftsteuerlichen Bewertung teilnehmen, weil der Betriebsbegriff tätigkeitsbezogen sei. Die Entscheidung fügte sich nicht in die bisherige Begrifflichkeit ein, wonach der Betriebsbegriff objektbezogen ist. Die neue Rechtsprechung hätte zur Folge gehabt, dass landwirtschaftliche Grundstücke, die verpachtet sind, in der Erbschaftsteuer zum Verkehrswert hätten bewertet werden müssen.
Eine Reihe von Verbänden, darunter auch unser Bundesverband und der HLBS, hatten die Finanzverwaltung gebeten, das aus der Reihe tanzende Urteil des BFH-Senates nicht im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen und damit seine steuerrechtliche Verbindlichkeit abzuwenden.
Dieser Bitte hat die Finanzverwaltung nach langem Zögern entsprochen. Den sog. Nichtanwendungserlass hängen wir hier an. Es verbleibt deshalb auch bei verpachteten Grundstücken bei der günstigen erbschaftsteuerlichen Bewertung.
- Freiflächen-PV
Ebenfalls stark umstritten war die Bewertung von Grundstücken mit Freiflächen-PV. Die günstige erbschaftsteuerliche Bewertung als landwirtschaftliches Vermögen blieb nur erhalten, wenn es sich um sog. Agri-PV Anlagen handelte, also solche Anlagen, die max. einen Flächenbedeckungsgrad von 15 % aufweisen. Solche Anlagen sind jedenfalls in nördlichen Breiten kaum anzutreffen. „Normale“ Freiflächen-PV hatte eine erheblich erhöhte erbschaftsteuerliche Bewertung zur Folge. Die Finanzverwaltung stand auf dem Standpunkt, es seien 50 % des Bodenrichtwertes benachbarter Gewerbegebiete anzulegen. Die Finanzverwaltung wendete insoweit ähnliche Grundsätze an wie für Windenergieanlagen (WEA), was wegen des Hebels der erheblich größeren Flächeninanspruchnahme durch Freiflächen-PV gegenüber den wenigen tausend Quadratmetern bei WEA zu einer deutlich überhöhten, prohibitiv wirkenden Bewertung bei PV führte.
Nur etwas überspitzt ausgedrückt hätten alle über die Zeit vereinnahmten Pachtentgelte zur Begleichung der Erbschaftsteuer verwendet werden müssen, wenn es während der Anlagenlaufzeit zum Erbfall oder zur Übergabe der Flächen käme.
Das Thema Erbschaftsteuerbelastung war einer der wesentlichen Verhandlungsgegenstände bei Nutzungsverträgen; regelmäßig wurde eine Mitunternehmerschaft an der Betreibergesellschaft angestrebt. Mindestens die berüchtigte 1%-Beteiligung an den als Personengesellschaft zu organisierenden Betreibergesellschaften und die Zuordnung der Flächen als deren Sonderbetriebsvermögen sollte Mitunternehmerinitiative und -risiko abbilden, um wenigstens eine Verschonung zu erreichen.
Beteiligung und/oder Selbstbetrieb mögen vorzüglich bleiben, aber der bewertungsrechtliche Anlass bei PV ist entschärft worden. Nach dem ebenfalls beigefügten Erlass ist als Grundlage der Wertermittlung nunmehr das vereinbarte jährliche Entgelt mit einer Kapitalisierung von 6 % zu Grunde zu legen, allerdings nur, solange Bodenrichtwerte für erneuerbare Energien oder andere geeignete Daten aus dem Bereich der Gutachterausschüsse nicht zur Verfügung stehen. Beim Selbstbetrieb sollen die auf dem Regionalmarkt für Nutzungsüberlassungen üblichen Entgelte zugrunde gelegt werden.
Die Steuerberater berichten, dass sich in Anbetracht der üblichen Pachtentgelte damit die Bewertungen für Freiflächen-PV bei ca. 60.000,00 EUR/ha einpendeln dürften.
Man kann die neuen Bewertungsgrundätze auf den Punkt bringen, dass es für WEA teurer, für PV aber billiger wird. Damit ist jedenfalls ein Stück weit eine realitätsgerechtere Bewertung erreicht, die den Besonderheiten landwirtschaftlichen Vermögens und dessen regelmäßig nur vorübergehender Verwendung zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien besser gerecht wird. Es bleibt allerdings zu kritisieren, dass die Bewertung im Falle der Verpachtung von versprochenen zukünftigen, nicht von erzielten oder objektiv erzielbaren Erträgen abhängig gemacht wird. Und natürlich bleibt die Erbschaftsteuer als Doppelbesteuerung an sich ein Ärgernis…
Dr. Tilman Giesen